Historie
Zeche und Siedlung Teutoburgia
Kunstwald
Klangraum

 

Klangraum
Umbau Maschinenhalle zum Klangraum

Viele industrielle Monumente verfielen nach ihrer Stillegung in einem rasendem Tempo. Mit seiner "Entdeckung" durch engagierte Künstler bekam die Maschinenhalle eine neue Sinngebung. Die ersten Ausstellungsprojekte spielten mit der kaputten Situation und fanden in dem zur Seite geräumten Schutt statt. Erhaltungsarbeiten am Förderturm und der Maschinenhalle durch die Stiftung Naturschutz-Heimat und Kulturpflege ermöglichten eine weitere Nutzung der Objekte.

Im laufe der Zeit sind durch viele Eigenleistungen, elementare Einbauten in der Halle entstanden, dir dazu beitragen die Halle für freie Kunstveranstaltungen und kleinere Festivals zu nutzen.


Textbeitrag von Katalog 'Betreten Verboten' (1987):

Ort des Geschehens
"Die ehemalige Maschinenhalle der nicht mehr-existierenden Zeche in Herne-Börnig. Zusammenmit dem dazugehörigen Förderturm, in dieser Stadt das letzte übriggebliebene Stück einer Art von Architektur, die nicht nur das Gesicht Hernes, sondern des gesamten Ruhrgebietes nachhaltig geprägt hat. Ist dieser Ort schon von sichaus auf Grund seiner Geschichte und einstigen Funktion wenig dazu geeignet, an kulturelle Aktivitäten, gar an Kunst denken zu lassen, so wares der Zustand, in dem er sich bis zur Realisierung des Ausstellungsprojektes befand und teilweise noch heute befindet, erst recht nicht. Eine Industrieruine in einem Gelände, das keinerlei Auskunft mehr gibt über das, was es einmal war, da sämtliche anderen Zechengebäudein den vergangenen Jahren abgerissen worden sind, im wahrsten Sinne des Wortes dem Erdboden gleichgemacht. Ein Schicksal, das ohne Zweifel auch der Maschinenhallen und dem Förderturm drohte und nur dadurch verhindert wurde, daß beides schnell unter Denkmalschutz gestellt wurde.

Der alte Sinn-Zusammenhang war zerstört, ein neuer dadurch noch lange nicht geschaffen. Immer mehr entfernte sich das, was einmal Mittelpunkt der Bergmannssiedlung Teutoburgia war, aus deren Mitte. Ideell durch die zwangsweise Umorientierung ihrer Bewohner zu anderen Arbeitsplätzen, aber viel sinnfälliger durch das "Verschwinden" der meisten Zechengebäude durch Abriß und das langsame Überwuchern der so entstandenen Industriebrache mit Wildwuchs, dem sogenannten "Krisengrün". Die Natur hatte genug Zeit, um auch Maschinenhalle und Förderturm in Gestalt eines kleinen Laubwaldes zu umwachsen, eine optische Barriere zu den Men- schen zu schaffen, die ehemals in der Halle gearbeitet hatten, sie den Blicken und dem Bewußtsein zu entziehen und so in Besitz zu nehmen. Aus dem Herzstück der Anlage war ein unbelebtes Ding geworden, mehr noch, es schien für eine gewisse Zeit gar nicht mehr in erster Linie materiell existent, sondern vielmehr als Erinnerung.

Das Verhältnis dieser Region zu solchen Relikten ihrer Vergangenheit war und ist zwiespältig. In einer hoffnungsvoll-ängstlich als "Struktur- wandel des Reviers" benannten Situation lassen sich im Umgang mit derartigen vergessenen Industriedenkmälern auch unterschiedliche Arten des Umgangs mit Geschichte ablesen. Drei meis einander ablösende, aber auch parallel existierende typische Verhaltensweisen sollen hier skizziert werden:
- Da ist meistens zuerst die grundweg negative ablehnende Einstellung zu einer ihrer ursprünglichen Funktion beraubten, "toten" Industrie-architektur: Tabuisierung dessen, was zurnindest für die Betroffenen weithin sichtbarer Zeuge von Krise und vielleicht Verlust des Arbeitsplatzes ist außerdem nicht den gängigen, in der Regel an Herrschaftsarchitektur orientierten ästhetischen Normen - höchstens hinsichtlich ihrer Größe -entspricht, also landläufig als häßlich und damit ab doch einige Beispiele, die auf den ersten Blick gewisse Ähnlichkeiten mit Christof Schlägers Projekt aufzuwiesen schienen. Was jedoch dieses von den anderen unterscheidet ist die Direktheit des Unternehmens und ihre Unabhängigkeit von Institutionen. Weder handelt es sich um eine langfristig geplante und auf Kontinuität zielende kommunale Kulturförderung wie etwas das Überlassen von Räumen als Künstersateliers, noch um den Umbau von Fabrikenarchitektur in ein schniekes, vorzeigbares Kulturzentrum, dem seiner einstigen Identität mit Hilfe moderner Innenarchitektur der Geraus gemacht worden ist, noch um ein wie auch immer verwaltetes Jugendzentrum, noch gar um einem rein kommerziellen Kulturbetrieb. Im Gegenteil, verdient hat an dem Projekt von den Beteiligten keiner auch nur einen einizigen Pfenning. Alle haben finanziell draufgezahlt, und das trotz der dankenswerterweise schließlich doch noch fließenden öffentlichen und privaten Unterstützung. Die Realisering der Idee von selbstbestimmten Arbeiten und Ausstellen unter Bedingungen, die nur sie sich selbst und der Raum ihnen setzte, war für die an diesem Experiment beteilligten Künstler immerhin so reizvoll, daß sie unte Versicht auf Honorar, mit großem persönlichen Einsatz und Energieaufwand erst einmal daran gingen, das Chaos, in dem sie die Halle vorfanden, gemeinsam etwas zu ordnen. Sie mussten feststellen, daß sie nicht die ersten waren, die dem Ort etwas aggewinnen konnten. Zuerst hatten Schrotthändler die Halle geplündert. Es fanden sich aber auch Matratzenlager, Feuerstellen, herausgerissene Geländer, als Lianen benutzte Kranketten, zerschlagene Wandfliesen, Spuren also, die auf eine Benutzung ganz anderer Art verwiesen. Der Dornröschenschlaf war also nur die Oberfläche gewesen, unter der sich gewissermaßen das geheime "Untergrund"-Leben der Halle entwickelt hatte. Kinder und Jugendliche aus der Umgebung hatten die Halle, zu der sie selbst keine historische Beziehung hatten, als Ersatz für fehlende Höhlen und ähnliche Orte, die noch Geheimnisse bergen könnten, für sich nutzbar gemacht. Für sie war die Halle nicht nur ein Ort voller möglicher Abenteuer, sondern vor allem ein Freiraum, exterritoriales Gebiet außerhalb der Welt der Erwachsenen mit ihren Verboten, Regeln und Normen. Das Auftauchen der Künstler, die nun Veränderungen wieder anderer Art vornahmen, musste den Kindern wie ein Einbruch in ihre Welt erschienen, bevor sich die neue Situation auch für sie zu einem spannenden Prozess entwickelte, an dem sie mehr und stärkeren Anteil nahmen als irgendjemand sonst. Auch sie begannen die Halle mit anderen, neuen Augen zu sehen.

Jetzt arbeiteten dort wieder Menschen, allerdings in andere Weise als früher. Zwei Wochen dauerte das gemeinsame Aufräumen an, das Umlagern von Schutt, das Schaffen von neuen Plätzen und Räumen im Chaos. Die Halle musste zunächst einmal gesichert werden. Öffnungen im Boden wurden mit Gittern abgedeckt, Geländer geschweißt, nach einem Einbruch eine Stahltür eingesetzt und einzementiert, die Fenster bis obenhin mit Gittermatten abgedeckt, um künftige Zerstörungen zu verhinderen. Die Künstlerische Arbeit der Beteiligten begann nicht erst nach der Aufräumaktion, sondern bereits währenddessen, indem jeder seinen Ort, an, für und mit dem er arbeiten wollte, fand. Die Einigung darüber erfolgte problemlos. Nichts Vorgefertigtes wurde aus dem Atelier mitgebracht. Alles wurde für und teilweise auch in der Halle geschaffen. Einige verwendeten zufällig dort gefundenes Material, andere suchten im Schutt nach ganz bestimmten Überresten der Vergangenheit, um sie in ihrer Arbeit zu verwerten. Zwar setzte sich jeder auf seine individuele Art und Weise mit der Halle auseinander, trotzdem ergaben sich Beziehungen anderer künstlerischer Formulierungen ausnahmen. Insgesamt entstand ein vielfältiges Spektrum künstlerischer Möglichkeiten der Annäherung an einen ungewöhnlichen Ort.

Das Experiment hat verschiedenes deutlich werden lassen: Die unerwartet große Anteilnahme und Unterstützung besonders durch die Bewohner der Siedlung Teutoburgia zeigt, daß es im Grunde keine kunstfernen Orte gibt, dass es gerade durch Kulturarbeit an Orten wie diesem immer wieder zu überraschenden und fruchtbaren Begegnungen zwischen Menschen unterschiedlichster Herkunft und Lebensauffassung kommt. Durch ihren immensen Aufwand an Zeit, Arbeit und Geld haben die beteiligten Künstler unter Beweis gestellt, dass es einen großen Bedarf gibt an solchen rohen Räumen, in denen selbstbestimmtes Arbeiten möglich ist. Wie es mit der Halle weitergeht, ist genauso offen wie die Frage, wie es mit der Kunst in dieser Region weitergeht. Aber nicht zuletzt könnt, oder besser sollte, dieses gelungene Experiment Anstoß für andere sein, selbst auch Initiative zu ergreifen, um ihre Träume der Wirklichkeit ein stück näher zu bringen."

 

KunstWald Teutoburgia - Förderverein Teutoburgia - Kunst Natur Erholung - D-44627 Herne - info@kunstwald.de
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